Dezember 2003

GestŠndnis des Kannibalen

"Es gibt Tausende, die gefressen werden wollen"

Im Kannibalen-Prozess vor dem Landgericht Kassel hat der Angeklagte Armin Meiwes ein GestŠndnis abgelegt. Er habe auf Verlangen einen Berliner Ingenieur getštet und verspeist. Au§erdem schilderte er dem Gericht seine kannibalistischen Phantasien seit frŸhester Jugend.

Kassel - Meiwes verfolgte das Verlesen der Anklageschrift ruhig und scheinbar gelassen. Bei der Befragung zur Person schilderte der Angeklagte seine Schulzeit und sein VerhŠltnis zu Frauen als "ganz normal". Er habe auch One-Night-Stands und Beziehungen zu MŠnnern gehabt. Er habe aber "niemanden gehabt mit dem ich mich austauschen konnte". Sein Vater habe ihn ignoriert, er habe sich "total verlassen" gefŸhlt, sagte er.

Schon im Alter von 8 bis 12 Jahren habe er Ÿber das Schlachten und Essen von Schulkameraden phantasiert, die ihm gefallen hŠtten, sagte Armin Meiwes. Ihm sei es darum gegangen, in Gedanken einen jŸngeren Bruder zu haben, der ihm gefehlt habe. WŠhrend seiner PubertŠt sei er alleine bei seiner Mutter aufgewachsen und habe sich verlassen gefŸhlt.

Um den imaginŠren Bruder fŸr immer an sich zu binden, habe er sich diese Phantasiegestalt einverleiben wollen. Dies habe ihn sexuell erregt. "Blond und schlank, das wŠre der Typ gewesen."

Das Anschauen von Zombiefilmen und Hausschlachtungen hŠtten seine Fantasie vom Ausschlachten und Zerschneiden beflŸgelt, sagte der Angeklagte. "Die Vorstellung hatte ich, und so habe ich es letztendlich auch gemacht."

Er gab zu, den Ingenieur aus Berlin zerstŸckelt und gegessen zu haben. "Die Vorstellung hatte ich, und so habe ich es letztendlich auch gemacht", sagte der Computerfachmann. Das Ansinnen seines Opfers sei aber kein Einzelfall. "Es gibt Hunderte und Tausende, die suchen und die gefressen werden wollen", gab er Einblicke in die Szene.

Der Prozess begann unter regem Interesse der …ffentlichkeit. Der 42-JŠhrige macht geltend, auf Verlangen des Opfers getštet zu haben. Auch die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Tat mit EinverstŠndnis des Opfers geschah, wertet die Tat aber dennoch als Mord.

Per Internet-Anzeige hatte der hessische Computerfachmann einen Mann zum Tšten und Schlachten gesucht. Der 43-jŠhrige Berliner Diplom-Ingenieur Bernd JŸrgen B. hatte sich daraufhin gemeldet und Meiwes im MŠrz 2001 in dessen Haus im Rotenburger Ortsteil WŸstefeld besucht. Am 10. MŠrz 2001 soll ihm Meiwes zunŠchst den Penis abgeschnitten haben und gemeinsam mit ihm verzehrt haben.

Laut Anklage tštete der ehemalige Soldat das Opfer wenig spŠter mit Stichen in den Hals und zerlegte die Leiche. Alles wurde auf Videofilm aufgenommen. Teile des portionsweise eingefrorenen Menschenfleisches will Meiwes spŠter gegessen haben. Auf die Spur des Verbrechens kam die Polizei erst im Juli 2002 durch einen Innsbrucker Studenten, der eine Opfersuchanzeige von Meiwes im Internet entdeckt und dies der Polizei gemeldet hatte.

Bei ihren Ermittlungen deckte die Polizei im Umfeld des Kannibalen eine Szene von rund 430 Menschen auf, die sich ebenfalls fŸr Kannibalismus begeistern. Hinweise auf weitere KannibalismusfŠlle ergaben sich nicht.

Da Kannibalismus in Deutschland nicht unter Strafe steht, ist die Verurteilung des Osthessen schwierig. Die Anklage legt ihm Mord zur Befriedigung des Geschlechtstriebes zur Last. Die bei der grausigen Tat gedrehten Videos hŠtten ihn sexuell erregt. Die Verteidigung geht indes nur von Tštung auf Verlangen aus, da das Opfer von Anfang an bereit gewesen sein soll, sich umbringen zu lassen. Einem psychiatrischen Gutachten zufolge ist M. voll schuldfŠhig.

Nach Expertenansicht wird die BeweisfŸhrung in dem Verfahren trotz weitgehend klarer Faktenlage schwierig. Der Leiter der Kriminologischen Zentralstelle Wiesbaden, Rudolf Egg, sagte, die Staatsanwaltschaft mŸsse nachweisen, dass nicht blo§ der gesamte Tathergang, sondern die Tštung an sich sexuell motiviert gewesen sei. Wenn das Umbringen sich mehr als "Mittel zum Zweck" erweisen sollte, scheide eine Verurteilung wegen Mordes aus. Der mutma§liche Kannibale kšnnte nach Ansicht des Kriminologen in diesem Falle lediglich wegen Totschlags belangt werden. DafŸr sieht das Gesetz aber Haftstrafen ab fŸnf Jahren und Lebenslang nur in besonders schweren FŠllen vor. Hier kommen nach Eggs Worten die besonderen UmstŠnde des Falles zum Tragen, denn das Opfer hatte den Ermittlungen zufolge in die VerstŸmmelung und Tštung eingewilligt. Und dieses EinverstŠndnis mŸsste nach Ansicht des Experten im Strafma§ berŸcksichtigt werden.

FŸr den Prozess, zu dem 38 Zeugen geladen sind, wurden bis Ende Januar zunŠchst 14 Verhandlungstage angesetzt. Das Urteil wird voraussichtlich im
Februar gesprochen.



 
 

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